Davids Welt

Kleine Episoden, Bildgeschichten zur Historie von Rottweil als Dauerserie in Presse und Internet?

Jetzt soll also die reiche Geschichte der ältesten Stadt Baden-Württembergs in pointierten Bildfolgen dokumentiert werden. Stadtrat Hubert Nowack gab den Impuls und der Zeichner Gerhard Mauch (Gischbl) hatte die Idee, das in einer Serie von kurzen Bildgeschichten (eine Seite pro Folge) zu dokumentieren.

Als Protagonist soll David Rötlin, der Schöpfer der „Pürschgerichtskarte“,
die er vor 458 Jahren gestaltete, durch die Geschichte(n) führen.

Das Themenspektrum ist groß. Nahe liegt, zuerst die Entstehung dieser Großkarte (Durchmesser 2m!) unter die Lupe zu nehmen. Weiter soll die Geschichte bekannter Rottweiler Häuser und Gebäude (Brotlaube, Kapellenkirche), zeitgeschichtliche Ereignisse (Reformation, Land- und Machtkonflikte, Hexenverfolgung), aber auch zurückliegende und zukünftige Epochen (Römerzeit, Jetztzeit) behandelt werden. Interessant könnte auch der Blick auf die Geschichte der umliegenden Gemeinden (sie sind ja auch Teil der Karte) sein.

In der Zwischenzeit hat sich eine kleine Gruppe (15-20 Personen) „geschichtsbewusster“ Bürger um das Projekt gebildet. Darunter sind die ehemaligen Stadtarchivare Hecht, Mager und Kulturamtsleiter Schaffert. Die Initiatoren freuen sich natürlich über „Zuwachs“.

Ein ambitioniertes Projekt angesichts des 1250-jährigen Jubiläums der Stadt Rottweil.

Mehr Info bei: gischbl13@web.de, -0741-1757903



Seit April erhältlich:

"Davids Welt - die Anthologie"

Die unten einsehbaren Folgen gibt es
jetzt in "haptischer Form"
als 30-seitiges Heft
zum Preis von Euro 10,00.
Erhältlich in Rottweil
(Buchhandlung Klein und Volksbank)
oder per Bestellung an
h.rauner@volksbank-rottweil.de



     

Folge 12: Barbara, die Kunstsinnige




Kleine Geschichte des Rottenmünsters

Das Kloster Rottenmünster geht auf eine Frauengemeinschaft zurück, die unter ihrer Meisterin Williburg in Hochmauren ein religiöses Leben führte. Die Frauen erwarben für 14 Pfund Silber ein Gut südlich von Rottweil am Neckar. Sie übergaben das Gut dem Salemer Abt Eberhard von Rohrdorf, dem der Bischof von Konstanz 1222 die Vogteirechte* übertrug. Die Aufnahme in den Zisterzienserorden erfolgte am 4. Mai 1224 durch Papst Honorius III., der das Kloster unter seinen Schutz nahm. Erste Äbtissin wurde die frühere Meisterin Williburg von Hochmauren. 1237 übernahm Kai- ser Friedrich II. Schutz und Schirm des Klosters, das er der nahen Reichsstadt Rott-weil übertrug. Dank zahlreicher Gönner aus dem Adel (u.a. die Herren v. Lupfen, die Grafen v. Sulz und Hohenberg) und später dem gehobenen Bürgertum (u.a. Familien Bletz, Bäsgen, Bock, Schappel, Hack u. Boller) verlief die wirtschaftliche Entwicklung recht günstig. Die Grafen von Sulz hatten in der Klosterkirche zeitweilig ihr Grablege. Ein großer Anteil kam aus Schenkungen und Mitgiften eingetretener Nonnen. Die Schenkungen bestanden meist aus Höfen, Wiesen, Wäldern, Feldern und Rechten in Dörfern. Das Territorium des Klosters erstreckte sich über das Gebiet zwischen Schwäbischer Alb und Schwarzwald mit Dörfern wie Lauffen o.R., Aixheim, Frittlingen, Zepfenhan und Neukirch. Bereits 1327 waren 220 Höfe im Besitz der Abtei. Im Laufe der Zeit hatte man Besitz in 126 Orten erworben. 1359 regierte mit Anna Boller, die erste Äbtissin aus Rottweil. Bei ihr erreichte der Konvent mit über 100 Frauen den Höchststand. Die Äbtissin der Abtei war Mitglied des Reichstags und hatte Sitz und Stimme im schwäbischen Kreistag. Bei Regierungsantritt hatten die Untertanen der Äbtissin einen Huldigungseid zu leisten. Die Abtei verfügte über eigene Gerichtsbar-keit und war so für manche vermeintlichen Straftäter ein Zufluchtsort. Gegen Ende des 15.-ten Jahrhunderts beherbergte das Rottenmünster noch zwischen 20 und 30 Ordensfrauen. Schon früh besaß die Abtei ein Skriptorium, also eine Schreibstube, in der wertvolle Handschriften entstanden. Besondere Wertschätzung genoss die „Schwester Apothekerin“ mit ihren Heilmitteln und Salben aus Kräutern. Gebete und Arbeit bestimmten den Tagesablauf der Nonnen. Sie lebten in strenger Klausur. „Nie-dere Arbeiten“ verrichteten Laienschwestern und Mägde. Machtkämpfe mit Rottweil um Dörfer und Weiderechte durchziehen die Geschichte von Rottenmünster. 1483 machte Kaiser Friedrich III. das Rottenmünster zur Reichsabei. Immer wieder (u.a. 1483 und 1582) übertrugen die amtierenden Kaiser den Schutz und die Kastvogtei* über die Abtei der Stadt Rottweil. 1585 gab es eine Vereinbarung, dass die Untertanen der Reichsabtei nur mit Rottweiler Handwerkern zu arbeiten hatten.

Die Protagonistin der Bildepisode Barbara Vollmar war von 1565-1595 Äbtissin und stammte aus einer wohlhabenden Rottweiler Familie. Sie wurde als eine der fähigsten und tatkräftigsten Priorinnen eingestuft. Sie ließ das Kloster und dessen Kirche (mit drei neuen Altären und einer Orgel) grundlegend renovieren. 1581 setzte sie sich ein für den Altstädter Pfarrer Thoma, der im Konkubinat** lebte und mit seiner Haushälte-rin 5 Kinder hatte. 1595 stiftete sie dem Frauenkloster Rathausen bei Luzern die in der Episode angesprochene Bildscheibe. Während des 30-jährigen Krieges litt das Klos-ter unter plündernden schwedischen und französischen Truppen. Ein Teil der Frauen flüchtete in die Schweiz. 1643 zündeten Truppen des Herzogs von Württemberg das Areal von allen vier Seiten inklusive der Klosterkirche an. Unter großen Anstrengun- gen bauten die Schwestern ihr Kloster wieder auf. Die Säkularisation brachte 1802 für die Reichsabtei das vorläufige Ende.

* Vogteirechte/ Kastvogtei = Vogt als Rechtsbeistand, Schutzherr. Kastvogtei – Einfluss auf die klösterliche Wirtschaftführung. Rechtsvertretung.
** Konkubinat = Zusammenleben zweier Personen verschiedenen Geschlechts ohne Eheschließung.

Gerhard Mauch Dez.22



     

Folge 11: Ein Silberstift für David
publiziert im März 22 in der Regionalzeitschrift "Blickpunkt"








     

Folge 10: Besuch in der Badstube







     

Folge 9: David und der Federahannes







     

Folge 8: Rubellus und die Römer

- Erschienen Anfang Juni im Magazin "Blickpunkt" -






     

Folge 7:

(erscheint jetzt aktuell im Magazin 'Hierbleiber' eines regionalen Energieanbieters.
Schwerpunkt ist Wasser.)



Hier die Urversion dieser Folge:



Bei Rötlins war Bier brauen Frauensache
Und um Wasser kümmerte sich der Brunnenmeister

Noch im Spätmittelalter gelangten Fäkalien (Latrinen waren nahe an Flussläufen) und andere menschliche Abfälle ungeschützt in die Umwelt. Auch Gewerbe wie Gerbereien und Färbereien leiteten ihr Schmutzwasser in die Flüsse und Bäche. So war die Wasserqualität sehr beeinträchtigt. Durch das Abkochen und das Brauen wurde Bier zu einem qualitativ hochwertigen und „unbedenklichen“ Alternativgetränk. Der Alkoholgehalt war nicht besonders hoch. Prominente Bierbrauerinnen waren Hildegard von Bingen im 12. Jh. und Martin Luthers Gattin Katharina von Bora zu Beginn des 16. Jh.. Bier brauen war damals Frauensache, der Braukessel gehörte zur Mitgift. Bier entstand also in Heimarbeit. Im fortschreitenden Mittelalter erreichte die Braukunst mehr und mehr die Klöster. Die Zutaten bestanden schon damals aus Malz, Hefe, Wasser und Hopfen. Wein statt reinem Wasser war ebenso eine „Getränkalternative“. Der Wein kam aus Rottweil, qualitativ bessere Weine bezog die “gehobene Bürgerschaft“ aus Colmar, Meersburg, dem Elsass, der Ortenau und dem Markgräflerland. Wein ist auch Thema in Folge 4 von „Davids Welt“. Hier wird den „edlen Herren“ in der Herrenstube frischer Wein angeliefert.

Auch in Rottweil litt man unter der schlechten Wasserqualität in den Brunnen und Fließgewässern. Dennoch brauchten es die Leute zum kochen, backen, waschen und putzen.

Um die Wasserqualität kümmerten sich sogenannte „Brunnenmeister“. Im Städtle ist ihre Existenz durch das „Eidbuch“ von 1593 belegt. Aber es gab es sie sicher schon 30 Jahre früher zu Rötlins Zeit. Im Eidbuch waren die Aufgaben beschrieben. Der Brunnenmeis-ter sollte sich um die Quellstuben in und vor der Stadt kümmern, sie sauber halten und re-parieren. In den Quellstuben wurde das Wasser erfasst und über hölzerne Deichel-Lei-tungen zum Brunnen geleitet. Das Wasser für den Apostelbrunnen kam aus einer Quelle im Zimmerner Grund, das des Marktbrunnens vom Gänswasen. Weiter hatte der Brun-nenmeister die Deichel-Leitungen zu warten. Die Bevölkerung war auch angehalten, die unsachgemäße Nutzung der Brunnen und Schäden an Brunnen beim „Meister“ zu mel-den. Ohne „Brunnenknechte“ als Hilfe wäre eine angemessene Instandhaltung kaum möglich gewesen. Ein Brunnenverzeichnis aus dem späten 16. Jh. nennt die Zahl von 2931 Deicheln mit einer Gesamtlänge von ca. 18 km. In dieser Zeit verfügte Rottweil über 26 Brunnen in der Stadt, 8 in der Altstadt und 14 im freien Feld.

Die erste Generation der Rottweiler Brunnen war vorrangig aus Holz gefertigt. Gegen Ende des 15. Jh. erhielt die Stadt nach dem Vorbild anderer schwäbischer und italienischer Städte die ersten Sandsteinbrunnen. Apostel- und Rathausbrunnen entstanden etwa 1520, der Grafenbrunnen um 1510 und der Marktbrunnen um 1540. Gerade der Markt-brunnen verfügt über eine große Palette wunderschön gefertigter allegorischer Figuren wie z.B. „die Hoffnung“, „der Glaube“ (siehe Fol. 7), „die Eitelkeit“, „die Liebe“, „der Geiz“, „der Stolz“… einfach mal anschauen…

Noch ein paar interessante Fakten zu Wasser: 70% der Erde ist mit Wasser bedeckt. Davon bestehen 97,5% aus Salzwasser. Von den 2,5% Süßwasser ist ein Großteil als Eis in Kletschern der Arktis und Antarktis gebunden. Auch der Mensch besteht aus 70% Wasser. Die Banane liegt bei 75%, der Apfel und die Himbeere bei 85% und die Salatgurke bei 97%.

Viele Produkte enthalten sogenanntes „virtuelles Wasser“, das nach der Fertigstellung nicht gleich in Erscheinung tritt. In einer Tasse Kaffee stecken 140 Liter Wasser. Eine Jeans benötigt zur Herstellung 8000! Liter. Der durchschnittliche Deutsche verbraucht ca. 120 Liter täglich.



     

Folge 6: Besuch bei Dorfvogt Willy Steimer


Weitere Informationen: Dorfgeschichte von Neufra

Viereckschanzen aus der Hallstadtzeit deuten auf eine frühgeschichtliche Besiedlung hin. Gefunden wurden gut erhaltene Grabhügel aus der Keltenzeit.
An der Römerstraße von Arae Flavie dürfte Neufra um 600 aus Richtung Rottweil-Altstadt merowingisch besiedelt worden sein. Als Nachweis dient ein Reihengräberfeld im heutigen Gewann „hinter Kirchen“. Der Ort bekam die Umschreibung „Niwi-Fara“ wie „neue Sippe“. 1179 tauchte der Name „Niu-Fare“ (langobardisch für „Neue Sippe“) auf. Die Starzelfurt als untiefer Übergang, diente wohl den Herren von Zimbern im Mittelalter als zollähnliche Einnahmequelle. Erst 1309 ließ sich „Nuveren“ durch eine Stiftung zu Gunsten der Benediktiner von Alpirsbach urkundlich belegen. 1318 tauchte der Ort als „Neuferan“ auf. Vermutlich kam der Ort als „Zubehör“ des Rottweiler Pürschgerichts 1415 zu Rottweil und er blieb bis 1802 Teil des Rottweiler Reichstadtgebietes. 1452 war „Niefron“, 1490 „Nyffra“ genannt. Auf der Pürschgerichtskarte von 1564 ist als Ortsname „Neifferen“ zu entziffern. Weltliche (Spital, Leprosenhaus) und geistliche Besitzungen (Kloster Alpirsbach, Rottenmünster, Heiligkreuz Bruderschaft, Johanniter) waren zwi-schen dem 14. und 17. Jahrhundert in Neufra zu verzeichnen. Das Dorf hatte schon zu Rötlins Zeiten Richtersitze im Pürschgericht (1576 sind zwei vermerkt). Streitigkeiten um die Weiderechte mit der Altstadt zogen sich vom 16. Bis in das 18. Jahrhundert. Im Jahre 1766 raubten die Altstädter einem Neufraer Hirten, der seine Herde im Primtäle wei-den ließ, drei Rindviecher. Die Altstädter beabsichtigten gar, die ganze Herde zu rauben. Die Neufraer ließen sich das nicht gefallen und der Streit drohte in einen Kleinkrieg (mit Feuerwaffen) auszuarten. Aber beide Seiten schnauzten sich nur an – es blieb bei den Drohungen („… man gab sich Rippenstöße und ging von dannen.“).
Das Patrozinium St. Dionys weist auf die Zugehörigkeit zu Pelagius in der Altstadt hin.
1758 erhielten die Rottweiler Dominikaner „die Zehnte“ im Ort und übernahmen dafür die Seelsorge der Gemeindemitglieder. Die 1698 erbaute Zehntscheuer existiert heute noch. 1803 (Säkularisation) wurde das Dorf dann zur Pfarrei erhoben. Die heutige Pfarrkirche St. Dionysius wurde 1813 erbaut. Im Jahre 1832 sollte ein Bernhard Holl neuer Pfarrverweser in der Gemeinde werden. Er konnte erst im Oktober beginnen. In der Zwischenzeit machte sich ein Schelm aus Gosheim den Spaß, sich als Pfarrer auszugeben. 1836 wurde außerhalb des Ortes ein Friedhof angelegt, der bis heute genutzt wird.
Die Geschichte mit dem Peter von Neufren ist aus der „Zimmerischen Chronik“ entnom-men. Der Vorgang ist folglich in der Mitte des 16. Jahrhunderts anzusiedeln. Er ist nicht 100%-ig gesichert. Es liegt allerdings nahe, da sie sich in Wilflingen zugetragen hat. Peter arbeitete als Schafshirte, kam aber seiner „Aufsichtspflicht“ nicht ausreichend nach. So wurden seine Schafe vermutlich von Wölfen gerissen. Vor dem Wilflinger Gericht schob er die Schuld und Verantwortung auf die Wölfe, was tatsächlich mit seinem Freispruch endete. In dieser Zeit erreichte die Hexenverfolgung in Rottweil wohl seinen Höhepunkt. 266 Todesurteile wurden in Rottweil gesprochen. Zwischen 1579 und 1598 endeten ca. 113 Verurteilte auf dem Scheiterhaufen. 1631 wurde einer in Neufra wohnenden Schöm-bergerin der Prozess gemacht. Sie glaubte am Ende durch Suggestion und Folter wohl selbst daran eine „Giftmischerin“ zu sein. Sie wurde mit dem Schwert hingerichtet. Die meisten der Betroffenen waren Frauen.
Tragische Brandereignisse: um 1643 gegen Ende des 30-jährigen Krieges wurde der Ort vollständig niedergebrannt. Einen weiteren großen Brandfall gab es im Jahre 1732 und 1794 wurden 11 Tagelöhnerhäuser völlig zerstört obwohl 1789 eine Feuerspritze ange-schafft worden war.
1819 bekam der Ort eine eigene Mühle. Weitere Einnahmequelle waren Mastviehzucht, der Obst- und Hanfanbau. Der Bau der Bahnlinie im Jahre 1867 brachte den Gipsabbau voran. Der Ertrag lag 1873/74 bei ca. 74370 Eisenbahnwagen Gips.
1871 betrug die Einwohnerzahl 625 Bürger. Im 19. Jahrhundert muss die Bürgerschaft recht zerstritten gewesen sein. Vor allem zwischen den landbesitzenden Bauern, die den Gemeinderat dominierten und den Tagelöhnern kam es immer wieder zu Streitigkeiten. Schon im Jahre 1739 bestand das Dorfgericht aus sechs Bauern und nur einem Tagelöhner. Im Jahre 1802 gab es in Neufra 54 Steuerzahler.
Wahlmanipulationen sind ein zeitloses Phänomen. Im Jahre 1877 sollte ein neuer Schult- heiß gewählt werden. Gewonnen hatte Reinhard Grathwol mit 58 Stimmen vor Fidel Hafner mit 36 Stimmen. Allerdings bestätigte die königliche Regierung in Reutlingen letz-teren im Amt. Dabei spielten - Zitat - „niedrige Leidenschaften, Lügen, Verleumdungen, Dummheit, Einbildung und unsinniger Bauernstolz nicht die kleinste Rolle…“.
1895 wurde gegen die beiden Wirtschaften „Löwen“ und „Rössle“ ein „Bierstreik“ ins-zeniert, was dann unter den Bewohnern zur Akzeptanz der dritten Wirtschaft „Adler“ führte. Ein Wirtshaus muss es im Ort schon 1593 gegeben haben.
1910/11 wurde von der „Gesellschaft Licht und Kraft Lindau“ für die Gemeinden Aix-heim, Frittlingen, Wellendingen und Neufra in Neufra ein mit Anthrazitkohle arbeitendes Elektrizitätswerk gebaut. Die Energieversorgung Schwaben hat es schon nach 12 Jahren wieder stillgelegt.
Die Zeit des Nationalsozialismus scheint im Ort noch weitgehenst im Dunkeln zu liegen. Wie viel Einfluss nahm die Diktatur auf die Dorfgemeinschaft? Wie war der Umgang mit Randgruppen (Behinderten, Romas, Sintis, Juden)? Ein diffiziles Thema, das allerdings ein ehrliches, vollständiges Geschichtsbild ergeben würde.
In den 50ern lag der Anteil der Heimatvertriebenen im Ort wohl bei 4%.
Ab den 60ern setzte die Zeit der guten „Informationsversorgung“ durch die modernen Medien (Radio, Fernsehen, Printerzeugnisse) ein. So schenke ich mir die jüngere Geschichte.

Material: Von Winfried Hecht, Karl Ulmschneider, Cornelia Votteler, Wolfgang Moseler, Seite der „Rottweiler Bilder“, Seite der Stadt Rottweil, leo bw (landeskundliches Infosys-tem des Landes)

Gerhard Mauch 2021

Erläuterung zu Dorfvogt Willy Steimer: „Willy“ steht für den aktuellen Ortsvorsteher Willy Schaumann und „Steimer“ hieß der letzte Bürgermeister Reinhold Steimer, der auch noch einige Zeit als hauptamtlicher Ortsvorsteher fungierte.
     

Folge 5:


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Folge 4:

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Folge 3:

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Marienverehrung über Jahrhunderte

Die Entwicklung der Marienverehrung seit Beginn des Mittelalters Mit etlichen Anspielungen auf „Mariä Himmelfahrt“ in der Bildepisode bedarf das „Marien-Phänomen“ einer näheren Betrachtung.
Nach dem Konzil von Ephesus im Jahre 431 entwickelte sich eine intensive Marienver-ehrung. Hier wurde Maria zur „Gottesgebärerin“ erklärt. Der Begriff sollte klarstellen, dass Jesus Christus wahrer Mensch und Gott sei. Im siebten Jahrhundert entstanden die ersten Mariengebete und –feste.
1313 wurde die Kapellenkirche als „Wallfahrtskirche zu unserer Lieben Frau“ in Rottweil erstmals genannt. Es gab schon früh Altäre mit Marienmotiven und eine Pieta, die bereits 1430 in die Turmkapelle gebracht wurde, wo sie heute noch verehrt wird.
1330/40 entstanden am Kapellenturm eine Vielzahl an Skulpturen. Beispielsweise an der westlichen Turmseite befindet sich die Gottesmutter an sichtlich hervorgehobener Stelle.
Ende des 17. Jahrhunderts übernahmen die Jesuiten in Rottweil die Kapellenkirche. Gerade die üppige malerische Ausgestaltung des Innenraumes stammt von dem Jesuiten-Laienbruder Joseph Firtmair (1702-38).
Die Chorwände zeigen 10 Fresken aus dem Leben Mariens. Ein großes Deckenbild zeigt Mariä Verkündigung.
Zur „Ikone Maria“ gibt es verschiedene Deutungsversuche. Die Gottesmutter würde stärker verehrt als Gott selbst, der manchen Gläubigen zu entrückt erscheine. Oder in der Tradition der Marienverehrung sei Maria an die Stelle antiker Göttinnen gesetzt worden.
Auf der Homepage der Heilig-Kreuz-Gemeinde lese ich, dass das Fest der „Aufnahme Mariens in den Himmel“ voll im Trend läge. Bei diesem Fest ginge es um Körper und Seele, was bedeutet, dass Maria am Ende ihres Lebens mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden ist.
Gerhard Mauch

Die Geschichte der Kapellenkirche

Die vielfältigen baulichen Veränderungen in ihren einzelnen Phasen
Der Kapellenhof war ursprünglich zivil bebaut. Als Kapelle Unserer Lieben Frau wurde die Kirche 1313 erstmals genannt. Ein frühgotisches, einschiffiges Langhaus mit Chor war entstanden.
1330 begann der Bau des Turms mit drei quadratischen, hochgotischen Untergeschossen bis zum untersten Umgang mit zwei Treppentürmchen. Die West- und Südfassade erhielt etliche plastische Ausschmückungen.
Ab 1473 folgte der Aufbau der beiden achteckigen Obergeschosse mit je acht hohen, durch- brochenen Spitzbogenfenstern im spätgotischen Stil. Weiter wurde reiche, frühgotische Ornamentik angefügt und das südliche Treppentürmchen erhöht. Den Abschluss bildete ein aus Holz gezimmertes, mit Kupfer bedecktes Zeltdach.
1478-1485 erfolgte die Erneuerung des Chores mit Netzgewölbe, Sakramentshaus, Sakristei und spätgotischen Maßwerkfenstern.
1596 wurde das Zeltdach durch ein der Barockzeit angemessenes Kuppel- (Zwiebel-)dach ersetzt (siehe Modell in der Herrenkramersche Krippe).
Nach Einsturz des Deckengewölbes im Jahre 1727 erfolgte der Umbau des Chores, der Neubau und die Erweiterung des Langhauses über die Turmbreite hinaus.
1762 wurde wegen Baufälligkeit der Kuppel das jetzige, unscheinbare Zeltdach aufgebaut.
1929/30 wurde die Kirche wohl umfassend restauriert. Dabei stellte man u.a. die polychrome (farbliche) Fassung des Figurenschmucks wieder her.
1952-1954 wurde die erste und zweite Maßwerkbrüstung erneuert und es kamen neue Wasserspeier dazu.
1966 wiederum erfolgte eine Restaurierung innen und außen. Außerdem wurde ein neues Zeltdach aufgesetzt und es kam zur Erneuerung und Konsolidierung des gesamten Steinwerkes.
1981-1983 wurde das Gotteshaus statisch gesichert und es kam zur Restaurierung des Kircheninneren und seiner Ausstattung.
Am Ende eine Besonderheit des Kapellenturms, der im Verlauf des 15. Jahrhunderts vor allem von anderen Städten und dem Adel als sicherer Aufbewahrungsort für Wertsachen und Dokumente genutzt wurde. Eine Funktion, die heute von Banktresoren erfüllt wird.
Tagsüber hatte der Turmwächter ein Auge darauf und nachts war der Aufstieg zu gefährlich.
Gerhard Mauch

Turmwächter

Menschen mit Weitblick
In Folge 3 wird Rötlin von Turmwächter Hans Ortolf auf den 70m hohen Rundgang des Kapellenturms geführt. Ortolf (alter Rottweiler Name) ist eine fiktive Figur. Überliefert ist nur, dass es Turmwächter gab.
Aufgabe eines Türmers war, Ausschau nach herannahenden vermeintlich feindlich ge-sinnten Truppen und Banden zu halten. Außerdem konnte er Brandherde früh erkennen und melden. Die meisten damaligen Innenstädte waren eng bebaut und durch ihre Häuser in Holzbauweise mit Torfbefeuerung der Öfen extrem gefährdet. Die Warnung erfolgte mit einer Glocke, mit Signalflaggen, mit einem Horn oder bei Dunkelheit mit Lampen.
Eine weitere Aufgabe des Türmers konnte das stündliche schlagen einer Glocke zur Zeitangabe sein.
Der Beruf des Turmwächters galt als „ehrlos“. Anders ausgedrückt als minderwertig. Passend zu städtischen Ständegesellschaften, denen es wohl wichtig war nach einer hierarchischen Ordnung zu leben. Folgerichtig war der Familie des Türmers die Aufnahme in Zünfte verwehrt. Erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts (also „Rötlins Zeit“) erhielten sie durch die Reichsgesetze der Jahre 1548 und 1577 die Möglichkeit, ein anderes Handwerk zu erlernen.
Manche Turmwächter lebten mit ihrer Familie im Turm (war im Kapellenturm aber nicht möglich).
Gerhard Mauch


     

Folge 2:

Schwäbische Version:



Und hier in Farbe:



Weitere Informationen:




     

Infos zum Start des Projekts und zu Folge 1:

Schwäbische Version:



Und hier in Farbe:



Erläuterungen:

      Kapellenturm und Kapellenkirche
Für David Rötlins Pürschgerichtskarte spielt der Kapellenturm eine ganz besondere Rolle, denn von hier aus hat der Maler seine vier Ansichten gezeichnet. Der Turm ist aber nicht nur der grafische Mittelpunkt der Karte. Der Künstler fasst ihn vielmehr auch auf als ideellen Mittelpunkt der Reichsstadt Rottweil und ihres Pürschbezirks, als Zentrum seiner eigenen Welt. Die Kirche war zu Rötlins Zeiten im übrigen teilweise mit einer Mauer umgeben und von einem Pflaster eingesäumt, das bei der Kirchengrabung von 1981 angetroffen wurde.

Der Hintergrund zu Davids Auftrag
David erhielt den Auftrag zur Pürschgerichtskarte vom Rottweiler Magistrat – also dem obersten Gremium der Stadt. Ausgelöst hat diesen Auftrag vermutlich eine Überprüfung der Grenze der Stadt zum westlich benachbarten Herzogtum Württemberg. Zu diesem Zweck ritt nämlich 1563 eine Rottweiler Kommission mit dem Bürgermeister und vier Ratsherren an der Spitze aus, um die Verhältnisse an Ort und Stelle zu über-prüfen. Bei dieser 22-köpfigen Gruppe, die noch durch Stadt-knechte verstärkt wurde, befand sich auch der Maler Jung Hans Fryburger, der wahrscheinlich einzelne Punkte der Grenze oder ihren Gesamtverlauf zeichnen sollte. Offensichtlich erledigte er diese Aufgabe nicht zur vollen Zufriedenheit der oberen Herren. Wie Rötlin dann den Auftrag bekam, ist nicht bekannt. Vielleicht erhielt er ihn in der Weise, wie sie in unserer Bildgeschichte beschrieben ist.

Das Pürschgericht
Bei „Pürsch“ geht es, so die generelle Erklärung, um ein königliches Wildbanngebiet, das sich später nicht zum Bannforst, sondern zum Freijagdgebiet entwickelte. Bannforst stand für einen Wald, in dem das Recht auf Nutzung dem Landesherren bzw. der Stadt vorbehalten war. Dies galt erst nur für die Jagd, später aber für die gesamte Nutzung. Das Pürschgericht stand für einen königlichen Verwaltungs- und Gerichtsbezirk. Zwölf Vögte aus ganz bestimmten Dörfern agierten als Urteilsfinder unter dem Vorsitz eines Reichsstadtbürgers. Der Rottweiler Magistrat hatte die Hoheit über die freie Pürsch, die Zivilverfahren (z.B. Familienangelegenheiten) aber auch schwere Missetaten wie Totschlag umfasst haben.



Erste Skizzen: